Siegfried Schüller
Warum "Worte gegen den Wind"?
Um Missverständnissen vorzubeugen: Dies ist
keine Webseite mit Tipps für Segler und Windsurfer. Die Frage „Was tun, wenn
der Wind zu stark oder aus der falschen Richtung bläst?“ wird hier also nicht
und wenn doch, dann anders beantwortet werden.
„Worte gegen den Wind“ ist auch keineswegs eine Seite gegen die friedliche Nutzung der
Windenergie und pro Atomkraftwerke, und es finden sich hier auch keine
Beschwörungsformeln gegen lästige Blähungen. Wer aber – durch Zufall oder
gezielt – als Surfer trotzdem hier hängen bleibt, sei willkommen!
Aber gibt es denn nicht schon genug Webseiten?
– Ja, klar!
Und gibt es nicht schon genug Leute, die alles, was sie für wichtig halten,
übers Internet hinausposaunen? – Sicherlich!
Warum also dann dem, was es schon im Überfluss (und für manchen vielleicht
auch zum Überdruss) gibt, noch etwas hinzufügen? – Weiß ich auch nicht.
Vielleicht, weil es etwas in der Art bisher noch nicht gab?
Nein! Es ist nur, weil ich ein Dichter bin.
Und es liegt in der Natur des Dichters, dass er das, was er zu sagen hat, für
wichtig und mitteilenswert hält. Und weil andere viel zu selten der gleichen
Meinung sind und seine Worte an die Öffentlichkeit bringen, so muss er es eben
selbst tun.
Selbsthilfe also – dem World Wide Web sei Dank – und kostengünstig
obendrein.
Außerdem ist es seit Jahrhunderten eine gute
Tradition der deutschen Dichtung:
Von Walther von der Vogelweide über Schiller und Heinrich Heine, von Berthold
Brecht bis hin zu gegenwärtigen Lyrikern – und dazu zähle ich auch
Liedermacher wie etwa Wolf
Biermann, Franz Josef Degenhardt, Hannes Wader und Konstantin Wecker – hat es immer schon Dichter gegeben, die ihre Stimme erhoben und sich
eingemischt haben, gerade gesellschaftskritisch und politisch – und wer da
wartet, bis er gefragt wird, der kann lange warten.
Es geht also hier ganz bestimmt nicht um Lyrik
aus dem berühmten Elfenbeinturm. Überhaupt, Elfenbeinturm! – Wer sitzt denn
heutzutage im Elfenbeinturm? – Der Dichter? – Eher nicht.
Die meisten Dichter (oder Autoren oder Schriftsteller) verfügen eher über weit
unterdurchschnittliche Einkommen; viele können sich nur mit Nebenjobs und/oder
Hartz IV mühsam über Wasser halten – es sei denn, sie haben einen gut
bezahlten Brotberuf (oder einen gut verdienenden Partner).* – Längst vorbei
die Zeiten also, als es noch wohlhabende, meist adlige Mäzene gab und man von
diesen oder von selbst erbettelten Almosen zehren konnte.
Ein Dichter wird es sich also in der Regel eher nicht leisten, sich satt und
zufrieden mit sich selbst und der Welt zurückzulehnen und nur die schönen Seiten des Lebens zu
beschreiben, weil er die anderen Seiten vielleicht gar nicht kennt oder nicht
sehen will.
Elfenbeinturm – halten sich da heute nicht
eher Politiker, Bankmanager, Wirtschaftsfunktionäre und gewisse Professoren und
Präsidenten von Wirtschaftsforschungsinstituten auf? Nicht alle, aber viele von
ihnen sitzen in ihren komfortablen Nestern, schauen von hoch oben
verächtlich herab auf „die da unten“, von deren Leben sie weniger Ahnung
haben, als ein Kuckuck vom Eierausbrüten, glauben aber – meist ungefragt –
zu allen Problemen ihre geschätzte Meinung absondern zu müssen.
„Worte gegen den Wind“ – da kommt einem
vielleicht der Athener Demosthenes in den Sinn, der am Meeresufer mit
Kieselsteinen im Mund gegen Wind und Brandung anredete und sie zu übertönen
versuchte, bis seine Stimme stark und seine Rede deutlich war. Laut
Überlieferung anfangs als Stotterer verspottet, galt Demosthenes später als
größter Redner der Antike. Ob das, was er gesagt hat, immer gut und richtig
war, sei dahingestellt.
„Worte gegen den Wind“ – das mag auch an
Don Quijote erinnern und seinen Kampf gegen die Windmühlen, die er in seiner
Einfalt für gefährliche Riesen hielt. Die Windmühlen, gegen die „der Ritter
von der traurigen Gestalt“ vergeblich anritt, standen in Cervantes’ Roman
für den technischen Fortschritt und den Niedergang des Rittertums. Wofür die
Windmühlen heutzutage als Symbol stehen könnten, das mag sich jeder selbst
ausmalen.
Demosthenes und Don Quijote – ich distanziere
mich von beiden: Vom Reden allein ändert sich nichts und sinnlose Gewalt ist
auch keine Lösung.
Weiß der Besucher dieser Webseite jetzt, was
ihn hier erwarten wird? – Nicht unbedingt! – Muss er auch nicht. – Ich
weiß es ja selbst nicht so genau, aber ich hoffe, dass niemand sich langweilt.
Viel Spaß beim Weiterlesen und Surfen gegen
den Wind wünscht
* Zur Situation der
Schriftsteller gibt es einen
interessanten Artikel
der Mittelbayerischen Zeitung (über Marita Panzer, die Vorsitzende des VS
Ostbayern) und einen weiteren zum Thema kann man hier nachlesen: Die
meisten Schriftsteller leben hart am Existenzminimum.
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